„Land der Berge, Land am Strome.“ Den weiteren Wortlaut der österreichischen Bundeshymne erspare ich euch gerne, immerhin sind in den ersten beiden Sätzen bereits die Hauptbestandteile dieses Artikels enthalten: Fliegenfischen an Gebirgsbächen in der Alpenrepublik.
Wenn wir in Österreich eines genug haben, dann sind es wohl Berge. Dies spiegelt sich auch in einigen Facetten des österreichischen Wesens wieder: der – manchmal von unseren teutonischen Nachbarn ironisch-schmunzelnd als „Schluchtenscheisser“ bezeichnete – Austriaco classico vermag wohl viele Charaktereigenschaften zu einen. Eine Tendenz zum Genuss (vorrangig in kulinarischen Angelegenheiten) wie auch zur Raunzerei (= Nörgelei) zieht sich allerdings als roter Faden durch alle neun österreichischen Bundesländer. Aber nicht nur das, auch mehr oder minder unmittelbare Nähe zu Bergen ist für die Bewohner fast aller österreichischen Regionen der oftmals beneidete Status Quo. Für Fischer im Allgemeinen und Fliegenfischer im Speziellen bietet sich hier also ein nahezu unendliches Angebot an Bächen und Flüsschen, die manchmal zwischen rohem Fels, manchmal durch saftige Almwiesen und manchmal auch durch dichte Wälder den Weg der Schwerkraft gehen: von oben nach unten.
Gebirgsbach ist nicht zwangsläufig Bach in großer Höhe
Jetzt mag sich der interessierte Flachlandbewohner fragen, was denn nun eigentlich ein Gebirgsbach ist? Deswegen vorab die subjektive Begriffsklärung meinerseits: Unter diese Kategorie fallen Gewässer ab einer Seehöhe von ungefähr 800 Höhenmeter, selbstverständlich vorbehaltlich der, das Gewässer umgebenden Flora. So wäre beispielsweise ein Fluss/Bach/Strom welcher Adis Abeba durchfließt für mich kein Gebirgsgewässer, wiewohl die äthiopische Hauptstadt auf gut 2.350 Meter Seehöhe liegt. Aber ich schweife ab.
Es ist Natur
Was hat es denn nun auf sich mit fließenden Gewässern in oftmals schwer zugänglichen Gegenden Österreichs? Warum nimmt es ein Fliegenfischer so gerne mit rutschigen Kletterpassagen für normalerweise recht überschaubar große Bach- und Regenbogenforellen auf, wo es doch auch Groß-Salmoniden in komfortablen Put & Take-Teichanlagen mit dazugehörendem Essens-Lieferservice gäbe? Genau deswegen. Es ist beschwerlich. Es sind oftmals Wildfische. Es ist Natur. Ein Abstieg in eine Gebirgsklamm ähnelt in Konzentrationsanforderung und Schwierigkeitsgrad schnell einem Schuhplattler (= österreichischer Volkstanz mit – für Nicht-Tanzende – absolut undurchschaubarer Choreographie). Und das lieben wir. Nein, nicht den Volkstanz, sondern die Unmittelbarkeit und das Einswerden mit der Natur. Und dies im Normalfall aufgrund des beschwerlichen Zugangs sogar bereits vor dem eigentlichen Angeln.
Die Not der Forelle = die Freude des Anglers
Hinzu kommt noch etwas ganz banales. Fische in höheren Lagen sind sicherlich vieles (kraftvoll, vorsichtig, nicht unbedingt groß, meist wunderschön gefärbt), aber eines sind sie im Normalfall sicher nicht: ausgesprochen wählerisch. Dies hat einen ganz einfachen Grund: je höher, desto nahrungsärmer stellen sich die Gewässer im Regelfall dar. Dies bedeutet in forellisch: alles, was ungefähr nach Nahrung aussieht, wird zumindest mal versucht, wieder ausspucken kann Rogner/Milchner ja immer noch. Außer die Sache hat einen Haken. Und genau hier kommt der Fliegenfischer ins Spiel.
Das Fliegenfischen an Gebirgsbächen stellt somit einen ganz besonderen Reiz dar. Zum Einen bietet sich hier auch dem (noch) nicht perfekten Fliegenfischer die Möglichkeit seine Fische zu fangen, und somit auch Erfolge zu feiern. Je schneller die Fließgeschwindigkeit, desto mehr verzeihen die Fische auch Präsentationsfehler. Weniger kompromissbereit sind allerdings umgebende Bäume, Sträucher oder sonstige Hindernisse (Zäune, etc.), die oftmals den Weg des Anglers kreuzen und auch am nervlichen Grundgerüst rütteln können. Mein persönlicher Negativ-Rekord waren beispielsweise 20 verlorene Fliegen an einem Angeltag bei einem Gebirgsbächlein mitten in einem dichten Nadelwald in der Steiermark. Da damals meine binderischen Fähigkeiten noch sehr rudimentär waren, war dies nicht nur nervig, sondern belastete auch die Fliegenfischerbörse.
Fliegenmuster: klein, kleiner, Gebirgsbach
Bezüglich der Fliegenmuster lässt sich meiner Erfahrung nach sagen: klein, kleiner, Gebirgsgewässer. Die Muster müssen dabei nicht sonderlich detailliert sein, auf alle Fälle sollten allerdings leicht beschwerte Nymphen und Nassfliegen in der Fliegenbox sein. Bei den Trockenfliegen bieten sich buschigere Muster an, die ruhig auch den einen oder anderen farblichen Akzent zur besseren visuellen Verfolgbarkeit haben dürfen. Bezüglich der Farbe gilt wie immer: Orientierung an den Gegebenheiten vor Ort, allerdings ist schwarz bzw. dunkelbraun immer ein heißer Tipp – ganz einfach auch wegen der besseren Sichtbarkeit für die Fische.
Rutengröße/-länge: kurz, kürzer, Gebirgsbach
Wie bereits erwähnt ist die Erwartung auf kapitale Salmoniden in Gebirgsbächen eher überschaubar, deswegen darf man auch bei der Rutenwahl eher auf kürzere/schwächere Modelle setzen. Mit einer #4 oder #5 Rute in einer Länge zwischen 7 und 8 Fuß ist man im Normalfall ausreichend ausgerüstet, nichtzuletzt sind kürzere Ruten auch bei etwaigen Kletterpartien deutlich einfacher zu transportieren und besser zu handhaben.
Verhalten am Wasser: lieber zu viel als zu wenig Vorsicht
Grundsätzlich gilt: je schmaler das Gewässer, desto vorsichtiger muss sich der Angler an ebendiesem fortbewegen – immerhin sind die Fisch nie wirklich weit entfernt. Ein Hinweis: selbst bei kleinen Wasserfällen, die mit unruhiger Strömung in Gumpen enden bietet sich den Fischen immer wieder eine Stelle mit ruhiger Wasseroberfläche, welche wir Angler gar nicht als solche wahrnehmen. Durch dieses Fenster verraten wir uns leider auch viel zu oft und nehmen uns somit selbst viele Fangchancen.
Die Grundsituation wäre somit erklärt, was nun folgen sollte sind die praktischen Erfahrungen. Ich hoffe ich konnte mit diesen Zeilen einen kleinen Einblick und auch ein bisschen Lust in und auf die – nicht immer einfache, aber immer sehr reizvolle – Fliegenfischerei an Gebirgsgewässern geben und wecken. Da mit der offiziellen Bundeshymne begonnen wurde, soll dieser Artikel ebenso österreichisch sein Ende finden. Und zwar mit einer Strophe aus der inoffiziellen Hymne von einem der bekanntesten Barden unseres Landes, Reinhard Fendrich:
„So wie dein Wasser talwärts rinnt,
unwiderstehlich und so hell,
fast wie die Tränen von an Kind,
wird auch mein Blut auf einmal schnell,
sag ich am End´der Welt voll Stolz
und wenn ihr wollt´s
auch ganz alla –
I am from Austria.“
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