Auf pfeilschnelle Kämpfer und stählerne Muskelpakete – Teil 1
Die Welt des Meeresangelns in wärmeren oder tropischen Meeren.
Zur Zielgruppe zählt beispielsweise der Angler, der während eines Familienurlaubs am Mittelmeer oder anderen südlichen Küsten, bei seinen Spaziergängen durch die Yachthäfen prächtige Big-Game-Boote und deren Fänge bestaunt und während seinen „erholsamen“ Stunden am Badestrand wiederholt größere Fisch in der Brandung rauben sieht. Spätestens jetzt verweigert unser „angelnder Familienvater“ garantiert Sonnenbad und Shoppingmeile und sucht verzweifelt nach einem Weg, „die Großen in der Brandung“ auf die Schuppen zu legen – denn schließlich ist er ja ein alterfahrener Angler, der an den heimischen Gewässern (fast) immer fängt. Unser „Süßwasserheld“ rennt ins nächste Angelgeschäft, kauft Irgendetwas das nach Meeresangelgerät ausschaut, „Köder mit Fangarantie“ und angelt damit irgendwie wild drauf los. In der Regel wird unser „Neumeeresangler“ dabei Schneider oder erlebt eine böse Überraschung.
Da unserer „Süßwasserheld“ aber nicht zum Verlierer geboren ist, landet er in seiner Verzweiflung dann auch noch in den Klauen der örtlichen „Angelcharterboot-Strandpiraten“.
Damit Sie geehrter Leser (nicht mehr allzu leicht) in diesen Teufelskreis geraten, versuchte ich in diesem und den folgenden Artikeln, einen zumindest groben Überblick über das aktuelle Meeresangeln zu schaffen. Ganz besonders lagen mir dabei die Angler am Herzen, die (wie ich) ihr Geld noch zählen können bzw. deren Reise-, Charter- und Angelgerätekosten eine Grenze nicht übersteigen dürfen!
Wichtige Begriffe
Vorab einige Begriffserklärungen, die in der „Big-Gamer-Szene“ benutzt werden: Die Bezeichnungen: „Big Game Fishing“ und ganz besonders „Big Gamer“ mag ich nicht und bei „Little Big Game“ bekomme ich Schweißausbrüche. Deshalb fasse ich Beide in dem schönen Halbsatz: „Meeresangeln in wärmeren oder tropischen Meeren“ zusammen und bezeichne mich selbst als „Meeresangler“! Zusätzlich unterscheide oder ergänze ich dann nur noch nach den Zielfischen, Geräteklassen und Angelmethoden. Für mich gibt es auch keine „Elitetrennlinie“ zwischen den „Nordmeeranglern“ und den „Big Gamern“; und das Salzwasser-Fliegenfischen hat zwar sein klar definiertes und auch berechtigtes Einsatzgebiet und seine Zielfische – ist meines Erachtens aber gegenüber den anderen Meeresangelvarianten nicht besonders hervorzuheben!
Da Englisch die „Meeresangler-Amtssprache“ ist, verwende ich die englischen Fischnamen und Gerätebezeichnungen – auch deshalb, da die meisten deutschen Namen und Begriffe bei vielen unbekannt sind und leider auch oft verwirren.
Offshore, Onshore und Inshore
Das Meeresangeln weit vor der Küste – zum Beispiel auf Marlin und andere größere Fische – bezeichne ich als Offshore-Meeresangeln. Das Angeln nahe der Küste bzw. über der ersten Abbruchkante, über/um Untiefen und um Inseln – zum Beispiel auf Segelfische, und Beifang – nenne ich Onshore-Meeresangel. Das Angeln am/im Riff, zwischen kleineren Inseln und in den Flats nenne ich Inshore-Meeresangeln; dazu zähle ich auch das Angeln im Mündungsbereich großer Flüsse.
Das Angeln mit dem Vorsatz die Fische in jedem Fall wieder freizulassen, bezeichne ich als „Catch & Release“; im Gegensatz dazu steht „Catch & Kill“. Das Angeln von „teureren“ Big-Game-Charterbooten (inklusive Proficrew und Vollservice) nenne ich „Vollbetreutes Angeln“.
Das selbst organisierte Angeln mit eigenem Gerät und minimaler Hilfestellung durch den Bootsführer oder im Idealfall sogar als sein eigener Skipper nenne ich „Selfmade-Angeln“.
Weltweit unterscheiden sich die Meeresanglerzentren nach ihren Beutefischen, soll sagen: Es gibt dort „Hauptzielfische“ und entsprechende Saisons. Zum Beispiel sind die Kapverden für Atlantik Blue Marlin in der Zeit zwischen von März bis Juni und bei Stückgewichten zwischen 200 bis 500 englischen Pfund (LB.) meines Erachtens momentan Weltklasse!
Dort und in den meisten anderen Marlin-Angelzentren ist der Angler aber auf „teure“ Charterboote angewiesen, das heißt auch: „Vollbetreutes Angeln“ und in der Regel wird auf den Booten „Catch & Release“ praktiziert. Auf diesen Booten ist die Einflussnahme eines „vollbetreuten Gastes“ auf das Wie und Wo stark eingeschränkt und in der Regel wird er zusätzlich auch noch von der Crew zum „Leinereinkurbler“ degradiert. Aber! Die Proficrews verstehen ihr Handwerk und wenn Fische da sind, „fängt“ der „vollbetreute Gast“ auf diesen Booten sehr gut!
Für echte Meeresangler sieht es beim Angeln auf Großthunfische (etwas) besser aus bzw. oft wird in den Tuna-Zentren „Vollbetreutes-“ und „Selfmade-Angeln“ nebeneinander angeboten. Das „Selfmade-Bigtuna-Angeln“ kann ich aber nur erfahrenen Meeresanglern empfehlen.
Wer hingegen Sailfish, kleinere Tunas, Wahoos, Goldmakrelen und anderen „Beifang“ auf die Schuppen legen will, kann sich bereits mit etwas Erfahrung den eingeborenen Bootsführen, Berufsfischern oder Tauchbootführen anvertrauen bzw. auf deren Außenbordern oder traditionellen Fischerbooten mit „Selfmade-Angeln“ sein Glück versuchen. Auch auf Segelbooten ist das Angeln auf Sailfish und Beifang mit etwas Umdenken und angepasstem Gerät machbar.
Dafür bieten sich meines Erachtens an: Das Ebrodelta, die kroatische Adriaküste, die Pazifikküsten Costa Ricas, Panamas und Nicaraguas, die Malediven, Kenia, Mauritius, Thailand und andere Länder und Inseln im Indischen und Pazifischen Ozean. „Safety First“ sollte aber bei solchen Angelabenteuern unbedingt vor und über Allem stehen! Auch ist dafür eine gute und auch komplette eigene Ausrüstung Pflicht und muss von einem „Selfmade-Angler“ (blind) beherrscht werden; auch die dortigen Angelmethoden und Techniken sollten zumindest bekannt sein! Selbstverständlich wird in der Regel auch dort das „Vollbetreute-Angeln“ angeboten.
Beim Angeln vor/am Riff ist ein erfahrener Bootsführer Pflicht – denn hier ist die Gefahr für Leib und Leben sehr hoch!
Das Inshore-Angeln innerhalb des Riffs und in den Kanälen dazwischen – Flats genannt – unterliegt ähnlichen Bedingungen und Regeln wie das Angeln am/vorm Riff. Greift man dort mit der Fliegenrute auf Tarpon und Co. an, geht es (zumindest die ersten Male) nicht ohne Guide. Für mich ist das „Strandwandern mit Rute und Rolle“ eine der interessantesten, schönsten und die günstigste Variante überhaupt – aber ohne Ortskenntnisse und etwas Erfahrung wird das nichts!
Das klassische Brandungsangeln kenne ich nur als Beobachter; ich bin mir aber trotzdem sicher, dass gerade für Angler mit weniger Geld diese Variante eine echte Alternative darstellt – auch ist das noch „Selfmade-Angeln“ in reinster Form! „Geiz ist geil“ geht beim Meeresangeln letztendlich immer schief; hingegen die Ausgaben für Charter und Guides im Rahmen seiner Möglichkeiten zu halten, geht aber meines Erachtens voll in Ordnung!
Wie geht es in den nächsten Magazinausgaben weiter:
Robert Rein
IGFA-Repräsentant in Bayern
IGFA-Captain
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Robert Rein
Familienstand: verheiratet, 1 Tochter
Lieblingsfischarten: Eigentlich nehme ich Alles bzw. bin schon froh, wenn überhaupt was beißt – von denen dann aber liebe ich die Goldmakrele (beim Drill und in der Pfanne) ganz besonders.
Lieblingsgewässer: Das Meer und große Flussmündungen – inshore, onshore und offshore.
Lieblingsmethode: „Selfmade-Angeln“ vom kleinen Booten aus. Auch halte ich nicht sonderlich fiel von Stückzahlen und geschätzten Fanggewichten in Catchreports – ganz besonders dann, wenn sie auf „Charterbooten mit Vollbetreuung“ gefangen wurden. Auch geht bei mir das Bootsteam über Alles, soll sagen: das Team fängt in erster Linie!
Wie bin ich zum Angeln gekommen: Mit 10 kämpfte ich mein erstes Karpfen und Hecht (am Irrsee in Ober-Österreich) nieder – die Würfel waren gefallen; in meiner Jugend dann, war ich als gebürtiger Saarländer (selbstverständlich) mehr in Frankreich als in D und in F wird (fast) jeder früher oder später zum leidenschaftlichen Angler; dazu noch Wandervogel, Freidenker und Kosmopolit und fertig war der Meeresangler. In jedem Fall waren und sind mir aber Land und Leute und auch die Genüsse des Landes mindestens genauso wichtig wie das Angeln.
Warum ich zum Meeressangeln gehe: Weil ich seit frühester Jugend das Meer unendlich liebe. Das Süßwasserangeln interessiert mich nur noch ab und an.
Funktionen: Seit Mitte der 1980er IGFA-Repräsentant in Bayern, seit 2009 auch IGFA-Captain.
Mein schönster Fang: Im April 2003 erlegte ich vor Mauritius einen Blauen Marlin mit 1001lb.; der dann auch der erste ordnungsgemäß gefangene Blaue mit 80lb.-Leine vor Mauritius ist. Der Drill dauert mehr als vier Stunden und außer mir waren nur der Skipper, ein Wireman und meine Frau an Board:
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